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Die Öffnung zum Tod mitten im Leben

Die Öffnung zum Tod mitten im Leben

 

Es heißt im Zen: Dieses Leben ist das Beste, um zu erwachen. Und es heißt weiter: Im physischen Tod liegt für jeden das höchste Potential, aufzuwachen. Viele Menschen nutzen die Chance erst, wenn sie die irdische Realität verlassen und verfestigen damit die Illusionen der Hinterbliebenen, dass es so etwas wie einen Tod gibt. Ich möchte jetzt nicht darüber spekulieren, was nach dem physischen Tod geschieht, aber ich denke es ist nicht sehr verschieden von dem, was in einem Satori passiert.

Positives Denken ist wichtig in dieser Welt, aber das Einstellen des Denkens ist um vieles wichtiger. Zumindest für diejenigen, die sich nicht mehr von den Illusionen ihrer Wahrnehmung irreführen lassen und zur Quelle heimkehren wollen. Den anderen wird niemand ihr Maya-Spiel verderben, denn niemand wird sie veranlassen oder zwingen es aufzugeben.

Wenn mir bewusst ist, dass es weder ein Außen noch ein Innen gibt, dann kann ich die Welt als einen Spiegel meiner selbst betrachten, in dem sich, direkt und ungeschminkt, mein Wesen spiegelt. Die Dinge verlieren dann ihre Eindeutigkeit und ordnen sich in Synchronizitäten neu. Das ist mir nicht nur bewusst, sondern ich erfahre es direkt. Ich schau mich um und sehe mich. Ich sehe mein Inneres wirken, direkt vor meinen Augen und das versöhnt mich wieder mit meiner Wahrnehmung. Ich bin also von nichts getrennt, da alles mein Wesen ist. Ich als Person existiere als Funken der Liebe innerhalb meines Wesens, der Quelle. Trotzdem bin ich Mensch und das ist herrlich. Ich bin ein ich, das jetzt durch dieses Leben geht und seine Erfahrungen macht. Ich kann nicht verstehen, zu was das alles beiträgt oder aus welchen Gründen ich mein »Schicksal« erlebe, aber ich lebe so lange und so gut ich kann. Was soll ich sonst machen?

Die einzige Tür nach draußen führt durch das Innen. Je weiter ich mich aber vom Außen entferne, desto unwichtiger wird es. Wenn ich mich ganz zurückziehe, dann zerfällt für mich das Außen und löst sich auf, wandelt sich zu einer neuen, anderen Realität. Dann komm ich nach einer Zeit zurück. Sind es Sekunden, Tage, Jahre? Ich bleibe weiter Egon, Petra, Xavier, Boris, Yvonne und wie sie alle heißen. Es bleibt alles so, wie ich es kenne und es verändert sich mehr oder weniger stark. Mit dem Üben verliert sich auch die Angst vor der Vernichtung und die Tür schwingt ruhig und stetig zwischen Hier und da, zwischen Tod und Leben.   Doch alles was ich sagen kann unterliegt meiner begrenzten menschlichen Sicht. Solange die menschlichen Glaubenssysteme wirken, gibt es keinen Weg hinaus aus der Bewusstseins-Kiste. Solange ich denke, verbiegen sich alle kausalen Gedanken zu einer Kugeloberfläche und werden unendlich. Doch sie wiederholen sich irgendwann, als ob du mit dem Auto auf der Erde immer geradeaus fahren würdest. Du würdest viel erleben und sehen, aber immer wieder am Ausgangsort ankommen.

Solange ich Mensch bin, bin ich immer meinem persönlichen Glaubenssystem verpflichtet. Das bedeutet: Ich sage, wenn wir aufhören zu denken und uns der Undenkbarkeit überlassen, dann öffnet sich eine Türe. Das ist, was wirkliche Meditation ist: Das Beenden des Denkens und damit eben auch das Beenden der Verhaftung an diese physisch definierte Welt. Erst wenn wir aufhören eigenmächtig zu denken, kommen wir mit Christus in Kontakt. Christus definiert sich selbst als der »Geist Gottes«, also das Bewusstsein der Quelle von Allem-Was-Ist. Erst wenn wir beweisen, dass wir der, durch uns manifestierten Welt, völlig »entsagen« (indem wir Nicht-Denken), offenbart sich das Christus-Bewusstsein und übernimmt die Führung! Dann wissen wir, dass wir nicht selber denken, sondern es uns immer schon geführt hat. Wir wissen dann, dass das so mit allem ist, was wir je gedacht, getan und gefühlt haben. Wir wissen dann auch, dass alle Philosophien, Religionen und Wissenschaften der Welt nur ein unterhaltsames Ego-Spiel sind. Dann erinnern wir uns daran, dass wir nur vergessen hatten, wie der Rückweg aussieht. Bekommst du jetzt eine Ahnung davon,wie riesig und liebevoll die Welt jenseits der Tür ist?

 

In gewisser Weise ist Meditation der Weg in den »Tod«. Im Zen wird die höchste Erfahrung der »Tod mitten im Leben« genannt. Das Ego, die Ich-Bezogenheit stirbt und übrig bleibt ein offenes Portal, durch das Gott wirkt. Das bedeutet nicht, dass wir physisch sterben müssen, um diese Öffnung zu erreichen, sonst wären alle Erleuchtungserfahrungen für die Katz und nur weitere Ego-Illusionen. Nein, wir können uns mitten in der weltlichen Existenz so öffnen, dass das Licht der Liebe durchscheint und wir wirklich zu begreifen anfangen, dass unser tatsächliches SEIN wunderschön, aber für uns selbst unfassbar ist.

 

alles liebe

Hans