Das Ei - Gedanken nach Ostern

Das Ei - Gedanken nach Ostern 

 

 

In der Mythologie der alten Griechen galt "Chronos", das Prinzip der Zeit, das den Ursprung von allem bildet. Chronos bringt zwei weitere Prinzipien hervor: Aether und Chaos. Aether ist die Personifikation des "Himmels", als Sitz des Lichts und der Götter. Chaos dagegen der leere Raum ohne festen Grund.  Als sich Aether und Chaos trennten und eine undenkbare und undurchdringliche Leere, ein Nichts hinterließen, schuf die unergründliche Kraft des Geistes das Welten-Ei. Ein Ei in vollkommener Form, das die Urform aller Dinge darstellt.

Das Welten-Ei bringt im Weiteren den Eros hervor, den "Erstgeborenen", den zweigeschlechtlichen Gott der ewigen Liebe.  Mythologisch ist es der erste Mensch, dessen goldene Flügel seine Verbindung mit der göttlichen Kraft symbolisieren. Aber das Welten-Ei wird von einer Schlange umwunden, deren Kraft es letztlich in zwei Teile zerbricht. Aus der ursprünglich vollkommenen Form entsteht ein zweigeteilter Kosmos, der viele Formen und Wesen hervorbringt und deren Herrscher Aether und Chaos sind.

 

Auch heute wird noch viel über die Entstehung der Welt gerätselt. Geht man von mythologischen  Antworten bestehender Kulturen aus, dann ist die Ursubstanz immer eine ungeformte, stille Energie des Urbeginns.  Man kann sie leer und dunkel nennen, weil sie keine Formen kennt und chaotisch, da es in ihr keine Ordnung gibt. Doch in in diesem Paradox aus nichtexistenter, chaotischer Leerheit, entsteht das   Potenzial für die Entstehung vom Allem-Was-Ist. Dieses Paradox ist kein vergangener Zustand, der vor langer Zeit existierte und sich heute in unsere Realität verwandelt hat. Dieses leere Feld ist der kreative Raum, der alles durchdringt, was wir sind und kennen. Ein bekannteres Wort dafür ist "Unbewusstes". Göttliche Schöpfungskraft wirkt als starke, konzentrierte Energie auf diesen Raum ein und schafft so Formen und Strukturen. Das enthaltene Chaos erhält dadurch  Richtung und Ordnung. Es entstehen Kraftfelder und Energiesysteme, in denen die Kräfte der Ursubstanz um den ordnenden Mittelpunkt göttlicher Konzentration kreisen. So bestand der ursprünglich göttliche Mensch aus Energien, die um einen aus göttlicher Konzentration gebildeten Mittelpunkt kreisten.
Und auch das ist heute nicht anders.  

 

Doch die neue Existenz des Eros verursachte Änderungen in den Strömungen der Energien und so wurde durch den Menschen die ursprünglich göttliche Ordnung gestört. Es entstand eine neue Ordnung: Die gewundene Schlangenkraft kreuzte unaufhörlich den vertikalen Schöpfungsstrom und schuf neue Wirbel. Die göttliche Kraft konnte nicht mehr ungebrochen mit ihrer Schöpfung in Verbindung sein. Anstelle der Ordnung des Uranfangs trat die Ordnung des Menschen in Kraft. Seither hat der Mensch Sehnsucht nach den Flügeln des Geistes, die er als Nebeneffekt seines Auftretens verloren hat.

 

Wir sind Bestandteil einer Welt der Vielfalt, in der die Vergänglichkeit die erfahrbare Ewigkeit verdeckt. Doch in unserer Seele lebt das Wissen um den ursprünglichen Zustand weiter und die Sehnsucht nach den goldenen Flügeln des Geistes vergeht niemals. So kreisen wir in der Unendlichkeit des Universums und suchen den Ausgang in unsere Heimat. Wir wirbeln in der Horizontalen, nicht mehr fähig anzuhalten und die ewige Kraft der kosmischen Liebe zu spüren. So suchen wir die große  Weltenseele und merken nicht mehr, dass wir mitten darin sind. Wir rennen von Planet zu Planet und weinen der verlorene Heimat nach, da wir nur den leeren Abgrund finden.

Aber um in die Heimat zurückkehren, müssen wir nur anhalten und aufhören den horizontalen Weg zu gehen, der unendlich ins Leere führt. Wenn wir uns erinnern, werden wir uns wieder mit den Kräften des Geistes aufladen, bis das Licht des ursprünglichen Menschen in unserem Herzen aufleuchtet. Diesen Zustand nennt man allgemein "Erleuchtung". Es ist die Rückverbindung unseres Seins mit dem ursprünglichen Geist, den wir auch "Christusbewusstsein" nennen können.

 

Doch um anzuhalten und dem horizontalen Leben zu entsagen, bedarf es einer echten und tiefen Sehnsucht nach den goldenen Flügeln. Eine Sehnsucht in einer Stärke, die es ermöglicht das ganze Leben auf den Weg zurück nach Hause auszurichten. Das ist der Grundstein zu einer fundamentalen Veränderung des Lebens. Auf ihm bauen sich weitere auf, die für jeden Menschen individuell sind. Das Licht der Wahrheit lässt jeden dabei das Wesen von Chaos und Dunkelheit empfinden, aber gleichzeitig bringt es auch die Qualitäten Aethers: Licht, Liebe und das Vertrauen, dass der Weg aus der Dunkelheit hinausführt. Vertrauen führt dazu, dass die Rückkehr nicht nur im Mentalen steckenbleibt, sondern sich auch tatsächlich im Alltagsleben bemerkbar macht. Man fasst den Mut, Dinge zu verändern, alte Gewohnheiten aufzugeben, sich von Ungeliebtem zu trennen. Je mehr Vertrauen sich in das göttliche Kernprinzip entwickelt, desto genauer leitet es auf dem Weg. Wenn du dich diesem Prinzip anvertraust, dann führt es dich aus der Vielheit in die All-Einheit. Das weißt du und das ist ein ewiges Versprechen. Dein Wissen um deine göttliche Heimat ist uralt und es bedarf keiner großen Anstrengung es zu aktivieren. Es bricht sofort aus, sobald es eine ehrliche Absicht erkennt. Dazu musst du nicht erst Verzweiflung erfahren oder mit leeren Händen vor dem Nichts stehen. Das sind nur Prüfungen, die du dir selbst auferlegst. Dein Bewusstsein mit seiner Absicht ist der Blitz in der Dunkelheit des Unbewussten, der die Wahrheit erkenntlich macht. Im Bruchteil einer Sekunde begreifst du dann die Aufgabe und den Sinn deines Lebens und des Lebens überhaupt- und dann hast du deine goldenen Flügel wieder! Sei einfach und habe den Mut die Schale der Dunkelheit zu zerbrechen, damit das Licht der Liebe sich durch dich in die Welt ergießt.

 

alles liebe

Hans